Tanzania 2025


Einsatzbeginn in Tanzania

Im März 2025 ist ein 9-köpfiges Team von „Ärztecamp International“ (ÄCI) von München aus nach Tanzania zu einer zweiwöchigen „field mission“ aufgebrochen. Es handelte sich dabei um den 2. Einsatz von ÄCI in dem ostafrikanischen Land in Zusammenarbeit mit dem „Charlotte Hospital“ in Sanya Juu. Der Ort liegt ca. eine Fahrstunde westlich des Kilmandscharo im Norden des Landes, nahe der kenianischen Grenze. Er liegt zudem mittig zwischen den Städten Moshi im Osten und Arusha im Westen. Hier befindet sich auch der Internationale Flughafen „Kilimanjaro“ (JRO) in unmittelbarer Nähe. Die Flugkosten für das gesamte Team wurden jeweils hälftig von den Teilnehmern selbst, sowie dem Verein „Ärztecamp International“ getragen.

Geschichte des Charlotte Hospitals

Das „Charlotte Hospital“ startete im April 1977 als Magadini Dispensary im Stammesgebiet der Maasai-Nomaden, finanziert aus Spendengeldern. Dieses wurde im Jahre 1972 von der Ordensschwester Charlotte Jahnel gegründet und erbaut. Damals gab es in der gesamten Region noch keine medizinischen Einrichtungen. Im Laufe der Zeit reifte die Dispensary bis zum Jahr 2006 zum Charlotte Health Center heran, ehe es im Juni 2021 zum Charlotte District Hospital erhoben wurde. Heute arbeiten dort ca. 85 „Doctors“, Schwestern und medizinische Fachangestellte. Bei den sog. „Doctors“ handelt es sich um Krankenpfleger und Krankenschwestern, die eine 3-jährige ärztliche Weiterbildung zum „Clinical Officer“ hinter sich gebracht haben.

Struktur und Ausstattung des Krankenhauses

Im Oktober 2021 begann auf dem Klinikgelände der Bau des „Charlotte Institutes für Gesundheit und verwandten Wissenschaften“, wiederum finanziert aus Spendengeldern. Ziel des Institutes ist die qualitativ hochwertige medizinische Ausbildung der jüngeren Generationen in Tanzania, um die medizinische Versorgung der Region zu gewährleisten. Hier werden junge Menschen aus Tanzania zu qualifizierten Krankenschwestern und Krankenpflegern ausgebildet. Daneben gibt es auf dem Klinikgelände Schulen und Internate für Mädchen und Jungen aus der Umgebung, sowie einen Kindergarten. Der Besuch der Einrichtungen ist kostenpflichtig, was sich nur die wohlhabenden Familien leisten können. Dementsprechend sind die Kapazitäten dieser Einrichtungen bei weitem nicht ausgeschöpft. Betrieben wird das Krankenhaus von der katholischen „Gemeinschaft der Schwestern vom Heiligen Geist“. Die Ordensgemeinschaft der Heilig-Geist-Schwestern (Holy-Spirit-Sisters) wurde 1950 von Pater Bernhard Bendel gegründet und hat ihr Stammhaus am Gründungsort in Königstein/Mammolshain im Taunus in der Diözese Limburg. Ursprünglich vom Bischof von Limburg als „Gesellschaft des Apostolischen Lebens diözesanen Rechts“ gegründet, wurden die Heilig-Geist-Schwestern im Jahr 2010 durch Papst Benedikt XVI. als „Gemeinschaft päpstlichen Rechts“ anerkannt.

Das Charlotte Hospital verfügt über eine weitgefächerte Ambulanz (u.a. für Orthopädie, Chirurgie, Innere und Allgemein-Medizin, Augen, Zähne, HIV, Kinder), in der einmal pro Woche jeweils am Freitag Fachärzte aus Moshi und Arusha Sprechstunden abhalten. Während der übrigen Zeit übernehmen die Erstversorgung die Clinical Officers. Die Geburtshilfe nimmt eine zentrale Rolle bei der Versorgung werdender Mütter ein, Kaiser-Schnitte inklusive. Darüber hinaus besitzt das Krankenhaus einen OP mit zwei Sälen und ca. 50 Betten zur stationären Aufnahme und Behandlung von Patienten. Die gerätetechnische Ausstattung der Klinik ist hervorragend, es gibt eine Röntgen-Anlage, ein modernes Ultraschall-Gerät mit einem mobilen Zusatz-Gerät, ein umfangreiches Labor mit moderner Ausstattung und sogar eine kleine Pathologie mit der Möglichkeit für histologische Feingewebs-Untersuchungen. Dennoch besteht ein permanenter Mangel an Medikamenten und Verbrauchsmaterial wie Pflaster und Verbandsstoffen. In der Region leben überwiegend Massai, die in der Klinik medizinische Hilfe bekommen können. Damit sich das Krankenhaus wirtschaftlich trägt, müssen die Patienten für ihre Behandlung bezahlen.

Ziel des ÄCI-Einsatzes

Das Ziel des Einsatzes von Ärztecamp International war auch diesmal die kostenlose Versorgung und Behandlung der verarmten und zum großen Teil mittellosen ländlichen Bevölkerung. Das Team bestand aus einem Urologen, einem Chirurgen, einer Anästhesistin, einer Gynäkologin, zwei Optikern, einer Kinderärztin, sowie zwei Physiotherapeutinnen.

Das Team

Nach einer 40-stündigen Odyssey wegen einer defekten Maschine in Amsterdam erreichte das ÄCI-Team schließlich mit 24-stündiger Verspätung das Charlotte Hospital am Fuße des Kilimandscharo, der sich in tiefe Wolken gehüllt hatte. München - Amsterdam - Doha - Dar es Salaam - Arusha war letztendlich die absolvierte Reiseroute, ehe es mit 2 Jeeps in einstündiger Fahrt vom Flughafen unter Begleitung von zwei Schwestern aus dem Hospital zum Einsatzort gehen konnte. Bereits im Vorfeld hatte ÄCI Kontakt aufgenommen mit dem zuständigen Arzt vor Ort, der den Einsatz koordinieren sollte. Geplant waren vornehmlich transvaginale Eingriffe, die Sanierung und Reparation von Leistenhernien und Hydrozelen, aber auch kleinere Eingriffe im inguino-genitalen Bereich. Es wurde uns versichert, daß ausreichend viele Patienten einbestellt und terminiert wurden, um ein umfangreiches OP-Programm für 10 Tage sicher zu stellen.

Das Team. Dorothea Licht (Physiotherapie, Organisation und Leitung der Mission). Petra Braun-Grabmaier (Physiotherapie). Dr. Christine Kufner (Anästhesie). Dr. Pia Schuchmann (Pädiatrie). Dr. Denitsa Vusheva (Gynäkologie). Ute und Georg Wagner (Optiker). Dr. Arno Brickenkamp (Urologie). Dr. Florian Hasner (Chirurgie und Urologie).

Herausforderungen bei der Ankunft

Bereits der Start unseres Einsatzes begann holprig. Obwohl wir bereits am Flughafen die Immigration passiert hatten, kam separat ein Offizier der Einwanderungsbehörde ins Charlotte Hospital, um erneut unsere Papiere zu kontrollieren und die Gültigkeit unserer Arbeitserlaubnis festzustellen. Mit zweitägiger Verzögerung bekamen wir schließlich unsere Pässe zurück.

Auswirkungen der Regenzeit

Bis auf einige Spontangeburten und einen Kaiserschnitt war bis dahin nicht viel passiert, nur wenige Patienten bevölkerten die Ambulanz. Normalerweise stehen die zur Vorauswahl einbestellten Patienten bereits am Ankunftstag unserer Einsätze Schlange, um die gestellten Diagnosen zu überprüfen und die OP-Termine zu vergeben. Auf Grund der früh und heftig einsetzenden großen Regenzeit des Jahres (April und Mai), war es den Patienten, die sich hauptsächlich aus den Reihen des Nomaden-Stammes der Massai rekrutiert hatten, schlichtweg nicht möglich gewesen, den langen Fußmarsch von den Dörfern zum Krankenhaus zu bewältigen. Zudem werden üblicherweise unmittelbar nach den Regenfällen die Felder bestellt und besät, um die einmalige Ernte im Jahr vor der langen Trockenzeit im Sommer (Juni bis Oktober) sicher zu stellen.

Medizinische Ausrüstung und Hilfsgüter

So blieb der erwartete Ansturm von Patienten nahezu gänzlich aus und konzentrierte sich auf wenige weitere Spontangeburten und Kaiserschnitte, die allesamt einen glücklichen Ausgang hatten. Traurige Ausnahme bildete eine Hochschwangere, deren Kind in der 37. Schwangerschaftswoche im Mutterleib verstorben war und tot zur Welt gebracht werden musste. Die Nabelschnur hatte sich zweimal um den Hals gewickelt. Trotzdem war unsere Anwesenheit nicht ganz umsonst und wir konnten in Einzelfällen bei Diagnose und Therapie von ausgefallenen und seltenen Krankheiten Unterstützung geben: Schwerbrandverletzung eines Fußes, Hoden-Tumor, lineare IgA-Dermatose, Paraphimose, schwere Cardiomyopathie, Gallenblasen-Karzinom, Magen-Karzinom.

Im Vorfeld wurden ca. 1.200 optische Brillen in Deutschland zur Anpassung und kostenlosen Verteilung an die einheimische Bevölkerung gesammelt. Zur Durchführung der Narkosen und Operationen an Erwachsenen und Kindern wurden große Mengen an medizinischem Material (Medikamente, Verbandsstoffe, Pflaster, Nahtmaterial, Netz-Implantate, Orthesen, Gehstützen, Hände-Desinfektionsmittel, Spezialnadeln zur Spinalanästhesie, Larynx-Masken) vor Ort gebracht und dem verantwortlichen Klinik-Personal übergeben.

Tagesablauf und Aktivitäten

Nach dem Frühstück begannen die täglichen physiotherapeutischen Behandlungen in enger Zusammenarbeit mit der hauptverantwortlichen Therapeutin von den Holy Sisters. Im regen Erfahrungsaustausch fand ein spannender Wissenstransfer zwischen europäischen und afrikanischen Ansätzen der Krankengymnastik statt. Unsere Gynäkologin war mehr oder weniger während des gesamten Aufenthaltes in „Ruf-Bereitschaft“, um in enger Abstimmung mit der Leiterin der Geburtsstation, ebenfalls einer Heilig-Geist-Schwester, die anstehenden Geburten zu begleiten und die notwendigen Entscheidungen für oder gegen einen Kaiserschnitt zu treffen. Das Optik-Team hatte täglich von morgens bis abends gut zu tun. Hunderte Brillen konnten angepasst werden und fanden so glückliche neue Besitzer. Die ausreichend vorhandenen modernen Mess-Geräte wurden fachgerecht repariert, gewartet und wieder in Gang gesetzt. Das vorhandene Personal wurde in Umgang und Anwendung der Geräte unterwiesen und geschult. Das übrige Team war beratend in der Ambulanz und auf den Stationen tätig. Im wissenschaftlichen Austausch mit medizinischen Fachleuten in Deutschland konnten so schwierige Diagnosen speziell im dermatologischen Bereich via Internet rasch und kompetent geklärt und die nötigen Therapieempehlungen ausgesprochen werden. Ärztecamp International hat bei zahlreichen Patienten die Untersuchungs- und Therapiekosten direkt übernommen, um die Behandlung zu ermöglichen und sicher zu stellen.

Herausragende medizinische Fälle

Das OP-Team war unterstützend in der Ambulanz und bei den Kaiserschnitten tätig und konnte nur einmal selbst operativ (Hydrozelenresektion) tätig werden. Eine weitere Hydrozele entpuppte sich als Fehldiagnose. Der junge Mann litt stattdessen an einem Hoden-Tumor, dessen Diagnostik und Therapie in die Wege geleitet werden konnte.

Vorzeitige Abreise

Mangels Patienten, bedingt durch die früh einsetzende Regenzeit, brachen wir den Einsatz vorzeitig nach 9 Tagen ab und reisten von Arusha über Dar es Salaam und Amsterdam zurück nach München.

Fazit und kulturelle Unterschiede

Die Arbeit in Afrika war im Vergleich zu unseren Einsätzen in Bangladesh grundverschieden. Ausschlag gebend hierfür ist der fast schon gegensätzliche Arbeitstakt. Während die Menschen in Asien raschen Schrittes unterwegs sind und auch im Arbeitsalltag flink und zielgerichtet zu Werke gehen, wirken Afrikaner geradezu träge und gemächlich. Aber so ist das Leben hier nun mal. Darüber hinaus fehlte offensichtlich die entsprechende Kommunikation im Vorfeld, daß Ärztecamp International für die Behandlungskosten bedürftiger Menschen aufkommt.

Zukunftsperspektiven und Dank

Die Heilig-Geist-Schwestern zeigten sich in der Zusammenarbeit mit uns extrem engagiert und aufgeschlossen. So fand ein steter und reger Austausch von Wissen und Erfahrung statt. Dies zeigte sich speziell bei der Geburtshilfe, bei der Anästhesie und im OP, sowie besonders intensiv bei den Optik-Teams. Das Charlotte Hospital ist für afrikanische Verhältnisse ein hervorragend ausgestattetes Krankenhaus. Leider hatte man den Eindruck, daß die Clinical Officers („Doctors“) kein wirkliches Interesse an einem fachlichen Gedankenaustausch hatten. Vielleicht gelingt es in einem neuen Anlauf und mit den jetzt gesammelten Erfahrungen, einen zukünftigen Einsatz besser und zielgerichteter vorzubereiten. Dann sollte auch der gewünschte Erfolg nicht ausbleiben und bei Patienten und Behandlern gleichermaßen Zufriedenheit hinterlassen.