Tansania 2019
Anreise
Das Team flog mit KLM über Amsterdam zum Airport Kilimandscharo. Dort empfingen uns eine Gruppe der „Holy Spirit Sisters“ sehr herzlich. Ein Kleinbus brachte die Mitreisenden ins „Charlotte Health Centre“ in der Nähe der Ortschaft Sanya Juu. Auch hier herzlicher Empfang mit Musik und Gesang, spät nachts, durch die Schwestern vor Ort, Bezug der Einzelzimmer (Bett mit Moskitonetz Dusche und Toilette) im Gästehaus und gemeinsames Abendessen.
Im „Charlotte Health Centre” leben 30 Schwestern, die für den medizinischen Bereich zuständig sind. Angegliedert ist eine Schule mit Internat für 600 Schüler und Schülerinnen und eine Farm. Der medizinische Bereich umfasst eine Klinik mit mehreren kleinen Gebäuden mit insgesamt 60 Betten. Dazu gehört eine separate Geburtsabteilung mit 2 Betten für Spontangeburten, ein kleine Frühgeborenen Station mit Wärmebettchen. Der OP-Bereich besteht aus 2 gut ausgestatteten Operationssälen, ausreichendem OP-Besteck und Sterilisationsgeräten. Ergänzt wird er durch den Vorbereitungs- und Aufwachraum. Die Narkose wird von einer, als Anästhesistin ausgebildete Schwester, nach internationalem Standard durchgeführt.
Im Ambulanzbereich kommen die Patienten zur Anmeldung. Sie werden anschließend, je nach Bedarf, zum Verbandsraum, zur Apotheke, zum Impfen, zum Röntgen oder zur Sonographie geschickt. Ergänzt wird das Angebot durch die HIV-Ambulanz. Die Arbeit wird durch die IT-Abteilung unterstützt, die auch die Röntgenbilder digital zur Verfügung stellt. Für orthopädische und neurologische Patienten steht ein Physiotherapieraum zur Verfügung. Für Schwangere und Säuglinge werden Vorsorge- und Impfprogramme durchgeführt. Zwei Medical Officer mit drei jähriger medizinischer Ausbildung sind im „Charlotte Health Centre“ angestellt. Zeitweise stehen zwei Zahnärzte zur Verfügung.
Leistung der Partner
Transport vom und zum Flughafen Organisation der Dolmetscher_innen Unterbringung im angrenzenden Gästehaus
Teilnehmer*innen
- Dorothea Licht (Physiotherapie, chirurgische Assistenz und Organisation/Leitung des Camps)
- Dr. Oskar Hellerer (Orthopäde/Visceral-/Unfall-/Handchirurg)
- Dr. Adelheid Olischläger (Pädiatrie)
- Dr. Daniela Traunbauer-Lueg (Allgemeinmedizin/Organisation)
- Dagmar Eikenkötter (Physiotherapeutin)
- Irmgard Balser (Refraktionsoptikerin)
- Sabine Wagner (Gesundheits- und Krankenpflegerin)
- Ursula Hellerer (Dokumentation der Physiotherapie)
Eigenleistung der Campteilnehmer*innen und des Vereins
Flugkosten in Höhe von 960,00 € pro Person für Hin- und Rückflug Unterbringungs- und Verpflegungskosten der Teilnehmer*innen fielen nicht an, da der Verein eine Spende für Verbandsmaterial und Medikamente von 3000,00 Euro an das „Charlotte Health Center“ übergab.
Visumsgebühren durch den Verein Arbeitserlaubnis in Höhe von 100,00 € pro Person durch den Verein
Medizinisches Equipment (vom Verein mitgebracht, Spenden aus Apotheken und Fa. Hartmann)
Verbandsmaterial und Pflaster Desinfektionsmittel OP Hauben und Mundschutz Sterile Handschuhe, Untersuchungshandschuhe Medikamente Gehstützen Gebrauchte und gesammelte und in Deutschland ausgemessene Brillen gegen 0,10 € an Patienten nach gründlicher manueller Refraktion übergeben. Orthesen Kinderblutdruckmessergerät Pulsoximeter Drainagen Ambubeutel
Tagesablauf
08.00 Uhr Frühstück 09.00 Uhr Beginn der Behandlungen 13.00 Uhr bis 14.00 Uhr Mittagspause 17.00 Uhr Ende der Behandlungen
Samstagnachmittag und Sonntag werden keine Patienten bestellt. Zeit für Unternehmungen des Teams wie: Besuch eines Massai Dorfes, Märkte, Wasserfall am Kilimandscharo, Gottesdienst in der Kathedrale in Moschi mit den Schwestern, Schule in der Umgebung, kleine Safari.
Refraktionsoptik
Ca. 160 Patienten wurden untersucht und mit Brillen versorgt. Nur 20% waren Männer, 80 % Frauen. Das Patientengut war zwischen 40 und 80 Jahren alt. Viele beginnende Katarakte wurden festgestellt, zum Teil operationsfähig. 3 Pateinten mit Pterygium (Flügelfell) konnten nicht versorgt werden. Ablagerungen auf dem Augapfel wurden oft beobachtet. Der Anteil der Schwestern betrug 60 %. Viele waren bereits mit einer nicht passenden Brille versorgt. Einige mussten an einen Augenarzt weiter vermittelt werden, da keine passende Brille zur Verfügung stand. Eine Schwester konnte so weit angelernt werden, dass sie Nahsichtbrillen bei unserer Abwesenheit anpassen kann. Fast alle Patienten klagten über Kopf- und Augenschmerzen.
Allgemein Medizin
Patientenzahl pro Tag ca. 20 mit den verschiedensten Erkrankungen wie Hypertonie, Urogenital- Infektionen, Enteritiden, Diabetes mellitus, Tuberkulose, COPD, Asthma, Tuberkulose, Malaria, HIV, Hauterkrankungen. Alle gängigen Laboruntersuchungen, nebst Malariaschnelltest, konnten im Haus durchgeführt werden. Akute Notfälle mit hypoglykämischem Koma, Malaria wurden ebenfalls behandelt. Jeder Patient wird auf HIV getestet.
Chirurgie, Orthopädie, Unfallchirurgie, Handchirurgie
Es wurden insgesamt ca. 150 Patienten aller Altersgruppen behandelt. In der Allgemeinchirurgie wurden operativ oberflächliche Hauttumoren( Atherome, Lipome und Fibrome ) darunter ein monströses (ca. 700 Gramm schweres) Lipom der oberen Bauchwand entfernt. Ein perforierter Appendix mit Abszedierung wurde in offener Technik entfernt. Strumen wurden von einem, an der Klinik in Moshi tätigen, tansanischen Arzt operiert der einmal die Woche im Health Center Dienst tut.
In der Unfallchirurgie konnten Frakturen, in Ermangelung von Osteosynthsematerial, keine Operationen durchgeführt werden. Es wurden drei supracondyläre Frakturen, eine Radiusfraktur konservativ, nach Reposition bei Kindern, versorgt. Eine Sprunggelenksfraktur des Erwachsenen musste zur operativen Versorgung in die nächste Klinik in Moshi (60 km) verlegt werden. Geschlossene Kniegelenkstraumata (eine osteochondrale Fraktur des Femur und ein Hämarthrose des Kniegelenks) wurden durch Punktion und Schienenruhigstellung behandelt.
In der Orthopädie wurden ca. 70 % der Patienten behandelt. Hierbei erstreckte sich das Krankengut auf arthrotische und degenerative Veränderungen von Schulter-, Knie- und Hüftgelenken. Des Weiteren zeigten sich, durch teilweise extreme Adipositas verursachte, Haltungsschäden, Wirbelsäulen- und ISG-Blockierungen. Diese wurden konservativ durch intraartikuläre und perifokale Spritzenbehandlung therapiert.
In der Handchirurgie wurde bei einem Kind, an jeweils beiden Händen, ein zusätzlicher sechster Finger reseziert. Ein dorsales Handgelenksganglion wurde entfernt. In Ermangelung einer Gynäkologin (Gynäkologen werden von der hiesigen Bevölkerung nicht akzeptiert) wurden Entzündungen der inneren Genitalen (Salpinx, Ovar, Uterus, Harnblase) konservativ mit Antibiotika und Entzündungshemmern behandelt. Ein durch Endometriose veränderter Uterus wurde hysterektomiert. Eine Sektio wurde notfallmäßig durchgeführt.
Zur Diagnostik standen sowohl ein digitales Röntgensystem als auch eine sehr gut funktionierende Sonographie zur Verfügung.
Pädieatrie
Für eine tatendurstige Kinderärztin lag dieser Einsatz wohl in einer „ungünstigen“ Jahreszeit: wunderbares, stabiles Frühsommerwetter, dazu die ländliche Umgebung in einer fruchtbaren Gegend bewirken, dass nicht so viele Kinder, wie aus anderen Einsätzen gewohnt, vorgestellt wurden. Gut für die Kinder!
Der afrikanische Arbeitsstil mit sehr viel Zuwendung und ohne Zeitdruck ließ den Arbeitstag trotzdem ausgefüllt erscheinen und das Krankheitsspektrum geht quer durch die Pädiatrie: Malaria, schwere Anämie mit V.a. Sichelzellenkrankheit, blutige Durchfälle mit Exzikose, Grand mal Epilepsie, Pneumonie, obere Luftwegs Infekte, Tonsillen Hyperplasie und Adenoide, Nabelgranulom, exzessive Hydronephrose und Meatusstenose bei Neugeborenen, Frühgeburt mit 2100 Gramm und Frakturen.
Dass Kinder hier kurzfristig zur Therapieeinleitung stationär aufgenommen werden konnten, war sehr hilfreich. Eine Verlegung in das KSMC in Moshi zeigte, dass eine Kinderabteilung in einer großen Klinik, die einen sehr guten Eindruck hinterließ, den Kindern zur Verfügung steht. Wie bei früheren Einsätzen galt das Bemühen, sich mit der Übersetzerin und sonst behandelnden Schwestern über Sinn und Unsinn von Antibiotikabgaben in jeder Form und sonstiger Polypragmasie (Cortison, Antiallergika) zu diskutieren, in der Hoffnung, dass davon etwas bleibt.
Physiotherapie
Ausstattung: Es gibt einen Raum mit einer Behandlungsliege und einem Tisch mit Stuhl und einer Sitzbank. Geräte stehen nicht zur Verfügung.
Anzahl der Patienten und Diagnosen:
Es wurden pro Tag ca. 12 Patienten behandelt. Die Diagnosen lauteten in vielen Fällen Lumboischialgie, Schulternackenschmerzen oder HWS-Beschwerden, meist mit ausstrahlenden Schmerzen in die Extremitäten. Daneben gab es einige Fälle mit deutlichen peripheren Durchblutungsstörungen, sowie systemische Erkrankungen wie Rheuma, Diabetes mellitus mit Sekundärschäden oder Nachwirkungen von Malariaerkrankungen. Einige der Patienten kamen nach Unfällen mit orthopädischen Folgeerscheinungen. Wenige Patienten hatten neurologische Erkrankungen wie Hemiplegie oder Parkinson.
Behandlung: je nach Befund wurde zur Muskelrelaxation heiße Rolle, Tape oder Dehnung angewandt. Aktive Übungen wurden angeleitet und als Zeichnung mitgegeben. Bei Bedarf wurde die Behandlung durch Faszien- oder manuelle Therapie ergänzt. Bei Beinlängendifferenz wurde eine Schuherhöhung empfohlen. Durchblutungsstörungen wurden mit Kneipp‘schen Anwendungen, die neurologischen Patienten mit Bobath Therapie behandelt und die Angehörigen angeleitet.
Insgesamt wurden mehr Schwestern als externe Patienten behandelt. Bei einem weiteren Einsatz könnten Gruppen für Rückenpatienten angeboten werden, sowie eine Rückenschule für die Schwestern, um die Häufigkeit von Rückenbeschwerden zu verringern. Eine Übersicht mit einfachen Übungen für Rückenpatienten mit Fotos und kurzen Erklärungen wurde erstellt.
Der Einsatz wäre deutlich nachhaltiger, wenn die Schwester, die in Reflexzonen Therapie ausgebildet ist und als Dolmetscherin eine große Hilfe war, weiterhin als Therapeutin zur Verfügung stehen könnte.
Gesundheits- und Krankenpflege
Als Krankenschwester kann man hier in allen Abteilungen zur Hand gehen. Auf der Krankenstation, auf der Neugeborenen Abteilung, bei OPs, und bei der Wundbehandlung. Am Anfang waren die Schwestern sehr zurückhaltend, das sich aber im Laufe der Zeit, zu einer harmonischen Zusammenarbeit änderte. Die Unterstützung der Krankenschwester beim Betten beziehen, Medikamentenholen, Wunden versorgen und Infusionen legen wurde akzeptiert. Am Ende gab es viel Beschäftigung für die Krankenschwester.
Sprachbarrieren
Als Dolmetscherinnen standen die Schwestern zur Verfügung. Die Patenten konnten teilweise ausreichend Englisch.
Fazit
Die Zusammenarbeit mit den „Holy Spirit Sister“ und den Medical Officern war erfolgreich und befriedigend, sehr herzlich, den Patienten und uns sehr zugewandt. Die Arbeitsbedingungen waren hervorragend.
Die ganze Anlage ist sehr sauber, hygienisch einwandfrei und gärtnerisch ansprechend gestaltet und gepflegt.
Aus unserer Sicht muss die Patientenakquise noch deutliche verbessert werden. Das Ziel unserer Arbeit, möglichst viele bedürftige Patienten zu erreichen, muss im Vorfeld deutlicher formuliert und kommuniziert werden.
Wichtig für uns ist es, dass unser humanitärer Auftrag mehr im Vordergrund steht.